Wer kennt sie nicht, die Erzählung vom verlorenen Sohn und vom barmherzigen Vater! Wie alle Erzählungen, die wir von Jesus kennen, fordert sie heraus, denn einerseits reagieren wir darauf mit „Das ist doch nicht normal!“, und andererseits haben wir das Gefühl: Irgendwie geht es da auch um uns selbst.
Da ist der junge Mann der meint: „Ich will von zu Hause weg. Ich will selbstständig sein, mein eigenes Leben führen. Ich will Neues entdecken, einmal schauen, was die Welt zu bieten hat. Ich will das Leben genießen. Ich möchte mich selber so selbst besser spüren können und mich selbst verwirklichen. Ich will frei sein von all den Gewohnheiten und Gepflogenheiten, die es zu Hause gibt. Ich will frei sein, selbst über mich entscheiden.“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Haben Sie als junger Mensch nicht ähnlich gedacht?
In dieser Sehnsucht nach Leben macht der junge Mann seine Erfahrungen. Die berauschenden Momente sind nur von kurzer Dauer. Mit seinem Geld geht er nicht sehr vernünftig um und in einer Wirtschaftskrise hat er Mühe, sich über dem Wasser zu halten. Von seiner Freiheit bleibt nicht viel übrig. In seiner jüdischen Erziehung hat er Grundwerte kennengelernt, z.B. dass man sich von „unreinen“ Tieren wie Schweinen fernhalten soll. Jetzt muss er sie sogar hüten, ist sogar bereit von ihrem Futter zu essen. Moralisch, religiös, menschlich ist er am Boden. Und da holt ihn seine Vergangenheit, die Erinnerung an das Leben mit seinem Vater, wieder ein. Er will die Beziehung zu seinem Vater wieder aufnehmen. Er erwartet nicht, dass es wieder so wie früher sein kann, aber es geht um seine nackte Existenz.
Mit dem Vater und seinem Verhalten will Jesus uns etwas über Gott sagen. Gott ist einer, der loslassen kann. Er gibt seinen Söhnen und Töchtern die Freiheit. Gott lässt ihnen frei, selbst zu entscheiden über Gut und Böse, eigene Wege zu gehen, auch wenn diese Wege von ihm wegführen, von ihm entfremden. Ja, wir haben selbst die Freiheit, ohne Gott zu leben. Aber durch Lebensumstände, durch Ereignisse können wir dann vielleicht die Erfahrung machen, dass es nicht gut ist, dass wir uns von Gott, von unserem Vater, entfernen. Einsamkeit, Verlorenheit, Verlassenheit, Sinnlosigkeit rufen in uns das Verlangen nach Geborgenheit, nach einer tiefsten Geborgenheit, die uns niemand - außer Gott - geben kann. Ich möchte wieder eine lebendige Beziehung zu Gott, denn diese gibt mir den wahren Halt im Leben.
Und Jesus will Mut machen: Hab keine Angst. Gott wird dich nicht abweisen, egal wie du gelebt hast und wie viel Mist du gebaut hast. Er wird dir nicht einmal Vorwürfe machen, sondern dich bedingungslos mit offenen Armen aufnehmen. Das erinnert an einen Jugendlichen, der auf die Frage, wo sein Zuhause ist, antwortet: „Mein Zuhause ist dort, wo ich ganz angenommen werde, wenn ich Mist gebaut habe.“
So ist der Gott von Jesus. Gott denkt nicht wie dieser älteste Sohn, der nicht verzeihen kann. Gott denkt anders. Er steht zu uns und freut sich, wenn wir die Beziehung zu ihm suchen. Das ist die gute Nachricht von Jesus, sein Evangelium. Dafür kann ich ihm nur dankbar sein. An Jesus glauben heißt an das glauben, was er verkündet hat und wofür er stand und starb. Es ist eine Botschaft von Gott und über Gott.